Ein passender Kommentar in der FAZ:

Sayonara gaijin

Von Andreas Platthaus

Oh, was waren die Deutschen schlecht gegen Japan! Und erst die Spanier! Wer so jammert, der hat nicht verstanden, wie gut die Japaner bei dieser Fußball-WM waren.

Gaijin ist das japanische Wort für Ausländer. Wörtlich übersetzt be­deutet es „Außen-Mensch“, da ist der Weg zum Außenseiter nicht weit. Doch das waren ja die Japaner selbst, als sie im ersten Spiel der Fußball­weltmeisterschaft vor zehn Tagen gegen den vierfachen Weltmeister Deutschland antraten. Und nachdem sie ihn demontiert hatten, blieben sie es – zumindest in der Wahrnehmung der deutschen Spieler und Medien: Schlecht habe Hansi Flicks Mannschaft zwanzig Minuten lang gespielt, ansonsten habe sie den Gegner doch im Griff gehabt. Nun sind die letzten zwanzig Minuten eines Spiels leider die entscheidenden, und wer die vergeigt, der hatte gar nichts im Griff. Aber wie hätte man denn auch einem Gegner die Ehre geben können, den man so gründlich unterschätzt hatte, ob­wohl die halbe japanische Nationalmannschaft in der Bundesliga spielt? Da hätte man ja nicht nur zwanzig Minuten Blackout einräumen müssen, sondern mindestens drei Monate – seit der Ball nach der Sommerpause wieder rollte und Spieler wie Kamada oder Endo in ihren deutschen Vereinen Furore machten. Dass beide japanischen Tore gegen Deutschland von Bundesligaspielern geschossen wurden, ist das Beste, was man über den deutschen Fußball bei dieser WM sagen kann. Während die japanische Nationalmannschaft drei starke Spiele in Serie ablieferte (auch wenn sie das zweite verloren hat). Nach dem dritten, dem gewonnenen gegen den früheren Weltmeister Spanien, heißt es nun überall wieder: Wie kann es sein, dass Spanien in der zweiten Halbzeit so schlecht spielte? Die Antwort ist simpel: weil Japan so gut spielte. Aber die typisch europäische Arroganz gegen alles Fußballerische, was nicht vom eigenen oder dem südamerikanischen Kontinent kommt, ist ungebrochen. Als pädagogische Maßnahme, sozusagen ein Wokeness-Kurs für Zuschauer, sei empfohlen, sich nun, wo das Dauergeplapper über die deutsche Nationalmannschaft endlich aufhören kann, auf die Spiele von Mannschaften aus dem Senegal, aus Marokko oder Australien zu konzentrieren. Und auf Japan. Sollten dann noch all die exotistischen Klischees von „Samurai“, „Harakiri“ oder „Bushido“ (nicht der notorische Rapper, siehe Seite 16, sondern der „Weg des Kriegers“) in den Kommentierungen verstummen, wären wir offen für Blicke auf den bislang überzeugendsten Fußball bei dieser WM. Das eigene Team muss dabei leider draußen bleiben. Gaijin eben.





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