Mehr als 150 Personen kamen im Oktober 2024 in Berlin zusammen, um die Basis unserer zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit zu stärken – angereist aus verschiedenen Teilen Japans und der gesamten Bundesrepublik. 23 Deutsch-Japanische und 11 Japanisch-Deutsche Gesellschaften waren vertreten – fast die Hälfte der Teilnehmenden mit japanischem Hintergrund (40 %). Nicht zuletzt dank Reisekostenstipendien war vor allem auch die jüngere Generation stark vertreten: Ein Drittel unter 30 Jahre alt, Altersdurchschnitt: knapp über 40, die Altersspanne: 14 bis 88 Jahre. Es war ein intensives langes, interaktives Wochenende mit neuen Kontakten, neuen Ideen, Erfahrungen und Inspirationen. Jetzt gilt es, den Schwung zu nutzen und auf dem gestärkten Netzwerk aufzubauen! Hier eine persönliche Nachlese.

Warum waren wir uns eigentlich so sicher, dass es funktionieren würde, zielorientiert mit sich bis dahin weitestgehend unbekannten Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt praktisch ohne konkrete Agenda über die Zukunft der deutsch-japanischen Beziehungen zu diskutieren? Vielleicht, weil wir überzeugt waren, dass unsere Partnerschaftstage einen geeigneten Rahmen dafür bieten würden. Wir hatten einen solchen positiven „Spirit“, ein starkes Gefühl der Verbundenheit und gemeinsamen Drive, bereits während unseres letzten Zusammentreffens in Kanazawa erlebt – 2018, als dort nach Nara (2011), Karls­ruhe (2008) und Utsunomiya (2005) die letzte Partnerschaftskonferenz der Japanisch-Deutschen und Deutsch-Japanischen Gesellschaften stattgefunden hatte. Unser „gemeinsamer Nenner“: die Liebe zum jeweils anderen Land. Mit den verschiedensten Interessen und Schwerpunkten engagieren wir – die Mitglieder der Deutsch-Japanischen und Japanisch-Deutschen Gesellschaften – uns für die deutsch-japanische Freundschaft und fühlen uns daher verbunden – trotz unterschiedlichster Hintergründe.

Nach Kanazawa kam die lange Zeit der Pandemie, und es fand lange kaum „echter“ systematischer Austausch zwischen den Mitgliedern der Deutsch-Japanischen und Japanisch-Deutschen Gesellschaften statt – oder wenn, den Reiseeinschränkungen geschuldet, dann eher ad hoc. Und so nahmen wir, deutsche Teilnehmer, die in Kanazawa dabei gewesen waren, uns mit Unterstützung der VDJG-Mitgliederversammlung 2022 vor, eine Gegeneinladung auszusprechen, um den Faden wieder aufzunehmen, zumal ich – inzwischen als Generalsekretärin des Japanisch-Deutschen Zentrums – für ein solches Zusammentreffen sehr gut geeignete Räumlichkeiten in Berlin anbieten konnte.

Partizipativ wollten wir das Programm erarbeiten, denn es war unser Ziel, vor allem auch die jüngere Generation zu involvieren und zu motivieren, da wir alle wissen, dass von ihrem Engagement die Zukunft unserer zivilgesellschaftlichen Organisationen abhängt. Und so trafen wir uns über zwei Jahre hinweg– online und am Rande der Jahrestagungen in Frankfurt, Hamburg und Karlsruhe. Aber wir trugen unsere Überlegungen auch unseren Freundinnen und Freunden in Japan vor, diskutierten am Rande der dortigen Jahrestagungen in Tokyo und Naruto, tauschten uns aus, immer wieder auch virtuell, und teilten einander unsere Wünsche und Erwartungen mit. So war der Weg quasi schon Teil des Ziels – wir kamen miteinander ins Gespräch und lernten viel voneinander, aber eben auch miteinander, was ja den Charme eines interkulturellen Austausches überhaupt ausmacht.

Es erleichterte die Planungen sehr, dass uns zu Beginn des Jahres 2024 eine großzügige Förderzusage der Deutschen Botschaft Japan erreichte. Ein Zuwendungsbescheid der VDJG-Stiftung folgte. Mit einem zusätzlichen Sponsoring von Mitsubishi Electric und die freundliche Gastfreundschaft der Botschaft von Japan und des Samurai-Museums konnten wir dankenswerterweise „groß“ planen:

  • Wir konnten durchweg eine deutsch-japanische Simultanverdolmetschung anbieten.
  • Eröffnungszeremonie und Podiumsdiskussionen wurden zweisprachig live gestreamt.
  • In die Diskussion konnten sich digital zugeschaltete Mitglieder auch von außerhalb Berlins einbringen.
  • Und, ganz wichtig: Wir konnten wie schon in Kanazawa Reisekostenstipendien an junge Teilnehmende aus Japan und Deutschland vergeben, was nicht zuletzt dazu führte, dass fast die Hälfte der Teilnehmenden zur Generation „U40“ gehörte und wir somit im Rahmen der Partnerschaftstage einen wirklich generationenübergreifenden Austausch führen konnten. Wie wunderbar, dass sich außerdem so viele Mitglieder der DJG Berlin bereit erklärten, junge Menschen in ihren Familien aufzunehmen. Von Herzen Dank!

Das Programm der Partnerschaftstage (wir hatten unser Treffen bewusst nicht mit „Konferenz“ betitelt“) glich dann einem bunten Feuerwerk (hier zur gesamten Agenda: https://dejp2024.animexx.de/programm/). Es bot auch am Rande viel Raum für informellen Austausch. Um uns besser kennenzulernen und Nahbarkeit zu schaffen, hatten wir vorab Poster mit Profilen unserer Organisationen und eine Steckbriefaktion mit Polaroid-Fotos vorbereitet. Es entstand eine bunte Infowand mit vielen tiefgehenden Einblicken und Gesprächsangeboten.

  • Den Start in das offizielle Programm machte dann ein von der Deutsch-Japanischen Jugendgesellschaft und dem Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreis organisiertes „Junges Karriereforum“ und eine von der regionalen DJG angebotene touristische Erkundung Berlins per Reisebus.
  • Am Abend wurden wir in der Botschaft von Japan willkommen geheißen – wir genossen ein Pianokonzert, Sushi und gute Gespräche.
  • Die offizielle Eröffnung im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin durch die Verbandspräsidenten mit einem Grußwort des japanischen Botschafters und einer übermittelten Grußbotschaft der deutschen Botschafterin wurde musikalisch von Taiko-Trommeln umrahmt.
  • In Podiumsdiskussionen tauschten wir uns über den Stand unserer bilateralen Beziehungen in Wirtschaft und Politik und die Bedeutung unserer zivilgesellschaftlichen Beziehungen aus, insbesondere zur Rolle der jüngeren Generation für den internationalen Austausch. Hier lernten wir, dass die Beziehungen in Wirtschaft und Politik vor dem Hintergrund aktueller weltpolitischer Entwicklungen so intensiv wie lange nicht sind. Auch auf zivilgesellschaftlicher Ebene besteht offenbar grundsätzlich kein „Interessenproblem“, wohl aber die „Nachwuchsproblematik“ für unsere Vereine. Die Panelisten bemerkten auch, dass wir noch viel mehr an gemeinsamen Inhalten arbeiten könnten – denn oft beschäftigten sich die DJGen ja mit „Japan-Themen“, während die JDGen einen Fokus auf „Deutschland-Themen“ legten, wir also vielleicht häufig aneinander vorbeiredeten – auch wenn wir ja über sehr viele gemeinsame Nenner verfügen. (Der komplette Mitschnitt des Eröffnungsmorgens findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=KswbLZp1yjg [auf Deutsch]; https://www.youtube.com/watch?v=xqeAcYyHJuY [auf Japanisch]).
  • Auf dieser Grundlage kamen wir dann im Rahmen eines Barcamps miteinander „ins Tun“, in dem wir versuchten zu identifizieren, was denn wohl gemeinsame Themen sein könnten, und woran wir konkret arbeiten sollte, um unsere internationale Zusammenarbeit noch zu stärken. Es waren dann eher grundsätzliche Fragen, die die Mitglieder aus Deutschland und Japan bewegten, nämlich:
  • Netzwerk / wie kommen wir international zusammen? Welche Strukturen sollten wir dafür etablieren?
  • Dialog / wie wollen wir künftig miteinander kommunizieren?
  • Jugend / wie können wir die Zukunftsfähigkeit unserer Organisationen sichern?

Jedes Thema wurde in einer spontan gebildeten Gruppe diskutiert, Gemeinsamkeiten, Herausforderungen, Wünsche / Visionen und bestehender Support und Lösungsansätze formuliert und am nächsten Tag im Plenum vorgestellt.

  • Darüber hinaus bestand außerdem die Gelegenheit, ganz konkrete Themen wie Projekte im Bereich „Bildende Künste“, Fördermöglichkeiten durch die VDJG-Stiftung oder eine Involvierung in die Expo 2025 zu besprechen. Um, wie ursprünglich angedacht, konkret Kontaktpersonen für einzelnen Interessensgebiete zu finden und ein deutsch-japanisches „Matching“ vorzunehmen, benötigen wir allerdings wohl noch etwas Zeit.
  • Sehr inspirierend waren verschiedene, toll vorbereitete Workshops zu „Zeitgemäßer Handwerkstechnologie: Mitmachaktion ‚Projekt Utsuwa‘“, „Theater als Brücke zwischen Japan und Deutschland: Projektidee einer gemeinsamen Aufführung“, „Spiegelungen. Aufbruch! Gartenkultur, Weisheitstraditionen, Tanz: Eine west-östliche Hommage“, „Annäherung an Japan durch Pop-Kultur?“, „Austausch zu Berufswegen mit deutsch-japanischem Bezug“ sowie „‚EVERGR333N‘ oder ‚Die Sprache der Blumen‘: Ein von der VDJG-Stiftung gefördertes Ausstellungsprojekt der Engelbert-Kämpfer Gesellschaft Lemgo“ sowie im japanischen Garten des JDZB eine Einführung in die japanische Schwertkunst. Außerdem gab es eine Präsentation der Siegerarbeiten des Manga-Wettbewerbs 2023/2024 von JDG Tokyo und DJG Berlin. Japanische Süßigkeiten wurden durch das Maid Café Aurora serviert.
  • Ein Abend im beeindruckenden Samurai-Museum in Berlin-Mitte bot künstlerische Performances des eigens aus Japan eingeflogenen Minichestra, eine Butō-Performance, ein Shamisen-Konzert und die Taiko-Gruppe LION.
  • Der Diskussion einer gemeinsamen Resolution folgte am Abschlusstag ein stimmungsvolles Konzert des Minichestra und für den einen oder anderen noch ein „Nijikai“ mit Karaoke.
  • Zum Ausklang genossen einige Teilnehmende dann noch eine japanische Führung durch das alte Stadtschloss und ein wunderbares von der dortigen DJG organisiertes Anschlussprogramm in Lüneburg.

Und dann war auf einmal alles vorbei. Schade…! Aber die Tage klingen positiv nach. Man hat das Gefühl, dass mit den Deutsch-Japanischen Partnerschaftstagen etwas Kostbares entstanden ist – ein zartes, neues Netzwerk in Ergänzung zu den alten Banden, das es nun zu pflegen gilt, sodass es uns auch in Zukunft trägt. Ich hoffe sehr, dass wir den Schwung und die positive Energie nutzen, um gemeinsam die nächsten Schritte zu gehen, und genügend Mitglieder in beiden Ländern das nötige „Ownership“ entwickeln, um die Gestaltung unserer Zusammenarbeit aktiv voranzutreiben. Eine Resolution, in der wir konkrete Vorhaben festgehalten haben, die haben wir ja schonmal (https://dejp2024.animexx.de/berlin-resolution/).

Es bleibt zu hoffen, dass Politik und Wirtschaft den unschätzbaren Wert des Ehrenamts weiterhin anerkennen und das zivilgesellschaftliche Engagement unserer unermüdlichen Mitglieder in Japan und in Deutschland auch zukünftig unterstützen, damit unsere Bemühungen ihre volle Kraft entwickeln können. Mit ausschließlich ehrenamtlicher Anstrengung ist eine Veranstaltung solcher Größenordnung doch nur mit sehr großer Kraftaufwendung zu stemmen.

Und hier zuletzt noch ein paar lebhafte Impressionen in unserem Veranstaltungs-Video, welches die Stimmung während der Partnerschaftstage aus meiner Sicht gut wiederspiegelt: https://www.youtube.com/watch?v=p1goIlSGK1E. Schön war’s!

Berlin, im Februar 2025

Julia Münch, VDJG-Vorstandsmitglied





Kommentar hinterlassen | コメントする

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert