Sinne im Mittelalter. Vielfalt – Hierarchien – Reflexionen

Wie wichtig die unterschiedlichen Sinne für das gemeinschaftliche (Er)Leben und Interagieren sind, lässt sich anhand mittelalterlicher Kulturen nachvollziehen. In diesen finden sich zahlreiche Kontexte, in denen die Vorherrschaft von Sehen und Hören keineswegs ausgemacht ist: Sichttabus können die Bedeutung von Fühlen und Riechen steigern; ein süezer smac lässt Heiligkeit vermuten, und das Berühren von Büchern wird zum Erlebnis stilisiert. Auch Hören und Sehen können anders konnotiert sein als heute, indem etwa Klänge die Verbindung unterschiedlicher Welten bewirken.
Die Ringvorlesung möchte der Rolle von Wahrnehmungsformen in Literatur, Kultur und Religion im Mittelalter nachspüren. Vorträge aus verschiedenen Disziplinen vermitteln einen Einblick, inwiefern sich Beobachtungen zur vormodernen Wahrnehmung unterscheiden, gleichen, ergänzen oder an ganz bestimmte Zusammenhänge gebunden sind. Nicht zuletzt gibt das Nachdenken über Sinneseindrücke in den mediävistischen Disziplinen Aufschluss über das Verständnis von Körper und Körperlichkeit.

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Programm

21.9.: Carmen Cardelle de Hartmann, Zürich: “Sinn und Sinnlichkeit. Baudri von Bourgueil über Materialien und Medien der Dichtung”

28.9.: Andreas Thier, Zürich: “Sinnfindung und Sinngebung in der mittelalterlichen Jurisprudenz”

5.10.: Louis Delpech, Zürich: “Ex Auditu. Funktion des Hörens und Hierarchie der Sinne bei Guillaume de Machaut”

12.10.: Peter Pörtner, München: “Sinn und Syn-Ästhesie”

19.10.: David Ganz, Thomas Rainer, Sabrina Schmid und Katharina Theil, Zürich: “Buch und Hand. Die Taktilität mittelalterlicher Prachthandschriften”

26.10.: Lena Rohrbach, Zürich. “Gehör, Klang und Stimme in mittelalterlicher skandinavischer Poetik und Poetologie”

2.11.: Vroni Ammann, Zürich: “Funktionen des Räucherns in der japanischen Gesellschaft im 10. bis 16. Jahrhundert”

9.11.: Anna Kathrin Bleuler, Salzburg: “Prekärer Zeichenstatus. Zur Darstellung der sinnlichen Wahrnehmung von Essen und Trinken in der Literatur des Mittelalters”

16.11.: Ulrich Rudolph, Zürich: “Avicenna über die inneren Sinne”

23.11.: Frank J. Rühli, Zürich: “Von lebenden und toten Körpern im Mittelalter”

30.11.: Sebastian Balmes und Pia Selmayr, Zürich: “Dynamiken des Sehens in der Literatur des deutschen und japanischen Mittelalters”

7.12.: Christina Lechtermann, Frankfurt a. M.: “Das Hirn auf den Fingern”

14.12.: Jörg B. Quenzer, Hamburg: “Sinnliches und Übersinnliches – Traumphänomene im japanischen Mittelalter”

https://www.mediaevistik.uzh.ch/de/aktivitaeten/ringvorlesungen.html

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Dr. des. Sebastian Balmes
Postdoc

Universität Zürich
Asien-Orient-Institut
Zürichbergstrasse 4
CH-8032 Zürich