Ein Event als Chance: Main-Matsuri-Festival will 30 000 Besucher nach Offenbach locken
Von: Philipp Keßler
Einmal über den Main: Das japanische Main-Matsuri-Festival findet in diesem Jahr erstmals in Offenbach statt in Frankfurt statt – warum, erklärt Organisator Norman Seidel im Interview.
Offenbach – Der Veranstaltungskalender der Stadt Offenbach ist in diesem Jahr um eine Attraktion reichen: Das Main-Matsuri-Festival gastiert vom 18. bis 20. August im Büsingpark. Hinter dem Namen verbirgt sich mit dem Dietzenbacher Norman Seidel ein Veranstalter, der nach dem Umzug seines Events aus Frankfurt auf die andere Mainseite auf mehr als 30 000 Besucher hofft. Im Interview erklärt er, wie das Festival entstanden ist, wie seine Verbindung zu Japan aussieht und in welchen Bereichen sich Offenbach und Frankfurt unterscheiden.
Herr Seidel, wie ist das Main-Matsuri-Festival überhaupt entstanden?
Zunächst einmal wollte ich ein Festival schaffen, bei dem es um Musik und Essen geht, denn das interessiert die Menschen. Für das Japan-Thema gibt es Feste, die die traditionellen Dinge abbilden. Ich wollte aber etwas, bei dem es um moderne Einflüsse geht – also zum Beispiel traditionelle Instrumente, mit denen moderne Stücke gespielt werden, um so neue Zielgruppen zu erschließen. Ich hatte auf diesem Gebiet schon Erfahrungen, da ich 2003 in Hanau das deutsch-japanische Freundschaftsfest mitorganisiert habe. Ab 2004 habe ich mit einem Partner auch Japan-Festivals im traditionellen Sinne gemacht, aber schnell gemerkt, dass das nicht meine Welt ist.
Durch mein Modelabel habe ich aber Verbindungen zur Convention-Szene und überhaupt zu einem jüngeren Netzwerk. 2017 hatte ich nach einem Verkauf eines meiner Unternehmen mehr Freiheiten, um ein Festival auf Musik, Essen und Kultur im modernen Sinne aufzubauen. Dies haben wir mit unserer extra dafür gegründeten GmbH und gemeinsam mit dem japanischen Kultur- und Sprachzentrum in Frankfurt und der Hojinkai, der Vereinigung der japanischen Unternehmen Frankfurt, 2018 erstmals ausgerichtet – und hatten trotz einer geringen Vorlaufzeit von gerade einmal sechs Monaten mehr als 20 000 Besucher.
Der Dietzenbacher Norman Seidel organisiert seit 2018 das Main-Matsuri-Festival – in diesem Jahr erstmals in Offenbach.
Der Dietzenbacher Norman Seidel organisiert seit 2018 das Main-Matsuri-Festival – in diesem Jahr erstmals in Offenbach. © Privat
Woher stammt Ihr Japan-Bezug?
Ich habe beruflich eigentlich nur mit Japan zu tun – alle meine Firmen haben diese Verbindung. Ich habe als Kind mit Judo angefangen, mache seit mehr als 30 Jahren Kendo, das japanische Fechten, und bin aus diesen Gründen in der japanischen Kultur beinahe tiefer verwurzelt als in der deutschen, zumal ich jedes Jahr ein, zwei längere Japan-Aufenthalte mache. Für mich ist Japan also längst wie eine zweite Heimat, auch wenn ich nicht erklären kann, was genau der Ursprung der Entwicklung war.
Main-Matsuri-Festival: „Von Offenbach bin ich wirklich sehr positiv überrascht“
Und was fasziniert Sie an der japanischen Kultur?
Das ist eine schwierige Frage, aber ich glaube, es ist das Kontroverse – auf der einen Seite das Hightech, auf der anderen Seite die Tradition einer Hochkultur, die sich in über 250 Jahren Isolation entwickelt hat. Ich mag weder das eine noch das andere Extrem, finde es aber spannend zu sehen, was man aus diesem Spannungsverhältnis machen kann, denn in der Mitte liegt der Weg, den man möchte – und das wird man beim Festival sehen.
2018 und 2019 haben Sie das Festival veranstaltet, dann kam Corona. Wie ist diese Phase abgelaufen?
2020 ging gar nichts, 2021 haben wir unter extremen Auflagen des Gesundheitsamts in Frankfurt stattfinden dürfen – und trotzdem nahezu 10 000 Besucher gehabt. Bis dahin waren wir ein kostenloses Festival, aber spätestens 2022 waren die Kosten so exorbitant gestiegen, dass wir die Besucher zur Kasse bitten mussten – was ich eigentlich nie wollte. Und dann kam der Bumerang: Eine Woche vor dem Festival hat das Ordnungsamt angerufen und gesagt, dass man auf öffentlichen Plätzen in Frankfurt keinen Eintritt nehmen darf.
Aus Kulanz hat man uns erlaubt, es dennoch zu machen. Das waren auch die Beweggründe, nach Offenbach zu gehen. Fakt ist: Wir bekommen es aus Eigenmitteln nicht mehr gestemmt, allein die Flüge für die japanischen Künstler kosten dieses Jahr mehr als 60 000 Euro. Und so viele Sponsoren, die einen Japan-Bezug haben, an Endkunden verkaufen oder Publicity brauchen, gibt es auch nicht. Wir sind allerdings deutschlandweit die Einzigen, die im japanischen Mainstream eine derartige Qualität bieten können, weshalb wir sagen, dass man dafür Eintritt verlangen kann – und wir sind immer noch deutlich billiger als japanische Conventions.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Stadt Offenbach, nachdem Sie den Umzug ja schon länger bekannt gegeben haben?
Von Offenbach bin ich wirklich sehr positiv überrascht, weil auf der kommunalen Ebene alle gut vernetzt sind und gut miteinander arbeiten. Das fängt bei der Wirtschaftsförderung an, die sich mächtig ins Zeug gelegt hat, geht über die IHK, mit der wir 2019 einen deutsch-japanischen Wirtschaftsdialog gegründet haben, bis zur Stadt, für die Oberbürgermeister Felix Schwenke auch gleich die Schirmherrschaft übernommen hat. Seitens der Kommune haben sich alle Fachbereiche interessiert, sodass ich bis heute das Gefühl habe, dass einem anders als in Frankfurt die Türen in Offenbach geöffnet werden, weil man versteht, dass wir ein hohes unternehmerisches Risiko tragen, weshalb wir eine Kommune im Rücken brauchen, die uns unterstützt. Das macht Offenbach bislang wirklich sehr gut.
Offenbacher Büsingpark „Optimallösung“ für Main-Matsuri-Festival
Wie sehen Ihre Ziele für den Standort Offenbach in Zukunft aus?
Wir hatten in Frankfurt verschiedene Formate von Konzerten bis zu Weihnachtsmärkten und in Offenbach den Cherry-Blossom-Day entwickelt. Das Main-Matsuri-Festival bleibt aber zentral und der Höhepunkt des Jahres – das gilt es jetzt in erster Linie in Offenbach zu etablieren und zu festigen. In den kommenden Jahren wollen wir mit den Institutionen vor Ort noch mehr zusammenarbeiten und das Festival vergrößern, sodass wir es irgendwann schaffen, eine Japan-Woche zu organisieren. Das ist das große Ziel.
Wie sind Ihre Erwartungen für dieses Jahr?
Wir haben vor, das Niveau, das wir vergangenes Jahr in Frankfurt hatten, in Offenbach zu halten – das waren 30 000 Besucher über drei Tage. Da viele aus dem Bundesgebiet anreisen, glaube ich, dass der Standort eine untergeordnete Rolle spielt. Allerdings haben wir in Offenbach mit dem Büsingpark den Vorteil, dass er für ein Festival eine Optimallösung darstellt, wir haben also einen Standort, an dem wir gern bleiben würden, weil dort noch Potenzial für Vergrößerung ist.
Was erwartet die Besucher beim Main-Matsuri-Festival in diesem Jahr?
Wir haben viele Acts aus Japan auf der Hauptbühne, darunter Show-Gruppen, Tanzgruppen und Musiker. Wir haben darüber hinaus neue Caterer, bei denen es japanisches Soft-Eis oder geschabtes Eis gibt, aber auch Klassiker wie Bubble-Tea. Neben diesen Dingen, die eher etwas für die jüngere Zielgruppe sind, haben wir jede Menge authentische interessante Küche aus Japan, sodass das Essen neben der Musik die Hauptrolle spielt.
Gleichzeitig haben Sie regionale Künstlerinnen eingeladen…
Genau. Wir haben mit Christina Plaka und Valeria Tralli zwei Manga-Zeichnerinnen aus Offenbach, aber auch aus dem gesamten Bundesgebiet interessante Künstler verpflichtet, darunter einen Youtuber, der Zeichenkurse gibt, und eine Zeichnerin, die live ein zwei mal vier Meter großes Plakat gestaltet, das am Ende versteigert wird. Das ist etwas Besonderes.
Und Sie kooperieren mit Institutionen in der Stadt.
Exakt. Das Haus der Stadtgeschichte und das Klingspormuseum werden im Kartenpreis für das Wochenende integriert sein, sodass jeder, der beim Festival ist, auch die Möglichkeit hat, kostenlos in diese Museen zu gehen. Im Klingspormuseum ist auch unser Wirtschaftsempfang am Freitagabend, Samstag und Sonntag finden in den Räumen Workshops im Rahmen des Festivals statt.
„Bieten wir für jedes Alter etwas“
Wie würden Sie unter diesen Aspekten Ihre Zielgruppe beschreiben?
Ich würde es nicht altersmäßig auf eine Zielgruppe beschränken, im Grunde bieten wir für jedes Alter etwas. Was wichtiger ist: Dass man eine gewisse Internationalität mitbringt, sich also auf eine neue Kultur einlassen möchte. Viele Kinder haben heute über das Zeichnen, also über Manga und Anime, schon einen Japan-Bezug, die Eltern teilweise auch, aber selbst wenn nicht, können sie ihren Kindern mit diesem Festival etwas Gutes tun, gleichzeitig aber selbst etwas über Land und Kultur erfahren.
Inwiefern sind Termine wie der Wirtschaftsempfang beim Festival aus Ihrer Sicht eine Chance für die Stadt, sich in Bezug auf die japanische Community zu positionieren?
Wenn wir es schaffen, das Festival in Offenbach zu etablieren und eine entsprechende Qualität anzubieten und im Nachgang auch andere kulturelle und wirtschaftliche Formate zu entwickeln, dann ist das schon eine Chance, dass Offenbach mittel- oder langfristig japanische Unternehmen anzieht – letztlich hat es in Düsseldorf genauso begonnen, wenn auch damals unter anderen Voraussetzungen. Dazu wollen wir mit dem Festival und mit unserem Netzwerk unseren Beitrag leisten.
Das Gespräch führte Philipp Keßler.
Als Vorgeschmack auf das Main-Matsuri-Fest, das im August erstmals in Offenbach gefeiert wird, veranstaltete Main-Matsuri-Event zuletzt erstmals ein japanisches Kirschblütenfest im Büsingpalais.
(Quelle: https://www.op-online.de/offenbach/main-matsuri-festival-will-30-000-besucher-nach-offenbach-locken-92360683.html), © Beitragsbild: Andreas Riske